1999 als Standbesatzung der Cebit in Hannover hatte ich das Gefühl, dass mehr nicht geht. Sprachsteuerung, Augenerkennung, unglaubliche Grafik, höher schneller weiter. Selbst die Mobilität war nicht neu – jede Information sollten wir dort bekommen, wo wir sie haben möchten.


Und war das wirklich Michael Jackson, der Hannover besuchte? Eine unglaubliche Zeit.

Es war eine Zeit vor Facebook und Instagram, vor WhatsApp und Spotify oder YouTube. Wie verhält es sich mit dem „gelernten Marketing“? Digitalisierung? Welcher Trend ist der Nächste, der sich durchsetzt? Worauf muss ich zählen? Ich habe mich inzwischen aus Facebook abgemeldet – das wird niemanden überraschen, der jünger als 35 ist – und auch nicht vermissen. (Trotzdem ist Facebook übrigens immer noch rasant dabei zu wachsen!)


Aber ich habe mich auch aus WhatsApp komplett abgemeldet. Das ist ein wenig, wie in eine andere Stadt ziehen und hat einen Rieseneffekt! Kürzlich habe ich eine iMessage von einem Freund bekommen, der schrieb: „Hey, wie kann ich Dich künftig erreichen?“ Kein Scherz – meine Antwort war dann: Zum Beispiel hier auf LinkedIn, Xing, per E-Mail im Büro und privat, SIGNAL, Threema, Instagram Nachricht oder anrufen.


Was ist meine Motivation gewesen, das Medium zu löschen? Es war meine Sehnsucht nach „portionierter“ Information und Kontakten. Für mich findet hier eine Reizüberflutung statt. Was soll ich sagen? Ich habe es überlebt. So wie ich den AOL Instant Messenger, ICQ, StudiVZ oder Stayfriends überlebt habe.

 

Heute bin ich mit 48 Jahren Marketing-Leiter in einem Unternehmen, das sich mit nichts anderem als Datenerfassung und Datenbewertung befasst. Informationen müssen hier schnell vorliegen und ausgewertet werden. Pro Tag bewerten wir über 100.000 Unternehmen neu. Unser Kunde benötigt Informationen strukturiert, jetzt und sofort. Das geht heute immer noch am besten über E-Mail.


Ich möchte Euch eine Sache mitgeben und am ECON Tag darüber sprechen:

Lasst Euch niemals mit einem neuen Trend unter Druck setzen. Habt Spaß am Ausprobieren und wenn sich etwas nicht durchsetzt, ist das auch ok. Ich kann mich noch gut daran erinnern, als die Unternehmen der Meinung waren, jetzt muss sofort eine Homepage her. Agenturen wuchsen wie Pilze aus dem Boden und man konnte sich nicht sicher sein, ob es sich um eine gute und professionelle Website handelt. Heute gibt es die hübschesten Homepages –responsive natürlich, also auf jedem mobilen Endgerät nutzbar. Wer liest sich das eigentlich alles durch?


Den meisten Traffic auf Xing oder LinkedIn bekomme ich beim Einstellen von einem neuen Profilbild oder wenn ich meinen Job-Titel ändere.

Liest einer wirklich meine Beiträge?

Heute bekommen wir wieder von zig Agenturen Angebote, wie wir unsere Leadquoten steigern können. Durch COVID-19 noch beschleunigt: Die Angst etwas zu verpassen. AMAZON und Co. machen es uns ja vor.


Eins bleibt aber: Ich möchte meinen Kunden, meinen Freund oder meinen Geschäftspartner da erreichen, wo er ist – mit sinnvollem Content. Und wenn das heute LinkedIn mehr ist als Xing, dann muss das morgen nicht so sein. Bleibt „Clubhouse“ nur eine Eintagsfliege? Setzt sich „Twitch“ durch?


Natürlich kann einer alleine diese ganzen Themen nicht in einer immer rasanteren Welt auf dem Schirm haben. Aber eins wünsche ich mir zurück: Die Mega Aufbruchsstimmung, die es Ende der 90er Jahre gab – und alle fanden es „irgendwie geil“ und alles war „cool“ – niemand aus dem Business hatte wirklich Angst, das sollten wir heute auch nicht haben. Neugierig sein, bereit uns auf etwas einzulassen, bereit auch etwas loszulassen.

Dirk Markus

Leiter Marketing und Öffentlichkeitsarbeit

Creditreform Herford & Minden Dorff GmbH & Co. KG